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Ein Leitfaden zur Durchführung von TransferCoaching in vier Schritten
INHALTSVERZEICHNIS
1. Zusammenfassung
3. SCHRITT 1 – Lernzielvereinbarung
3.1 Inhalte – Inhalte
3.2 Technik – Die Entwicklung von Lernzielen mit Wirkung
4. SCHRITT 2 - Der Willenstest
4.1 Inhalte – Der Aufbau des Willenstest – Die Ausgabe des Tests
4.2 Technik – Technische Realisierung Open Source – Technische Realisierung VTU-digital
4.3 Methoden – Selbstreflektion ….
4.4 Menschen – Coaching
5. SCHRITT 3 – Der Lernmonitor
5.1 Inhalte – Der Aufbau des Lernmonitors
5.2 Technik – Technische Realisierung Open Source (Lime Survey) – Technische Realisierung VTU-digital
5.3 Methoden – Monitoring ….
5.4 Menschen – Coaching
6. SCHRITT 4 - Transfertelefonat
6.1 Inhalte – Der Aufbau des Transfertelefonats
6.2 Technik – Willensstrategien und Handreichung zur digitalen (Telefon) Umsetzung. Gesprächsleitfäden, Arbeitsblätter
6.3 Methoden – Gesprächsführung
6.4 Menschen – Themen zentriertes Coaching
7. Forschungsprojekt mit Tips für die betriebliche Nutzung
7.1 Das Forschungsprojekt und die Ergebnisse
7.1.1 Problemstellung
7.1.2 Konzeptioneller Hintergrund
7.1.2.1 Die Bedeutung volitionaler Theorien für den Transfer
7.1.2.2 Die Transferarchitektur Volitionale TransferUnterstützung (VTU
7.1.2.3 Fragestellungen
7.1.3 Methode
7.1.3.1 Stichprobe, Datenerhebung und Durchführung der Studie
7.1.3.2 Erfassung transferrelevanter Variablen
7.1.4 Empirische Befunde und
7.1.4.1 Ergebnisse zum Transferprozess
7.1.4.2 Akzeptanz der transferunterstützenden Instrumente
7.1.4.3 Bedingungsfaktoren der Implementation
7.1.5 Zusammenfassung und Ausblick
7.2 Tips zur Einführung von TransferCoaching bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen
8. Literatur
9. Anhang
1. Zusammenfassung [TOP]
2. TransferCoaching - den Transfer durch die Bewusste Nutzung des Willens herstellen – Ein Verfahren in vier Schritten [TOP]
Den individuellen Lerntransfer in das Zentrum von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen zu stellen ist von jeher pädagogisches Kernziel. Evaluation, Kompetenzmanagement Transfer sind Perspektiven, die über die Zeit hinweg mehr oder minder in Mode sind. Auf der einen Seite ist es fahrlässig bei der Konzeption und Durchführung von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen diese Perspektiven nicht von vornherein zu bedenken. Auf der anderen Seite zeigt die Realität hingegen, dass ein großer Teil von Entwicklungsmaßnahmen diese Perspektiven nicht berücksichtigt, aus welchen Gründen auch immer.
Die große Transferwelle der 1990er Jahre flachte zur Zeit des Milleniums ab. Heute ist es wieder ein sehr stark berücksichtigtes Thema. Begründen kann man dies durch einen Haltungswandel. Die Gießkannen-Weiterbildung mit Veranstaltungen von der Stange in diesem Ausmaß gibt es nicht mehr. Weiterbildung erlangt einen immer größer werdenden Stellenwert. Das wissen, um die Effizienzsteigerung von Transferarchitekturen ist flächendeckend verbreitet. Durch die Große Choaching-Welle der letzten Jahre bekommt das Thema Transfer strategischen Wert. Eine Möglichkeit die Aufwendungen bezüglich des Transfers im Rahmen betriebswirtschaftlich sinnvoller Investition in Bildung zu halten, ist die digitale Umsetzung des Themas. Also digitales Transfercoaching.
Beim Transfer von Verhaltenszielen bedient sich das TransferCoaching klassischer Weise dem Unterstützungsprozess der aktiven Begleitung Dritter. Neben klaren individuellen Zielvereinbarung vereinbaren der Coachee und der Coach Turnus und Qualität der Verhaltensfortschritte. das Dilemma der Interessenkonflikte, in dem jeder Lerner steht, wird damit lediglich durch eine Art ermahnenden Zeigefinger Effekt abgefedert. Es liegen bei klassischem Transfercoaching keine weiteren Instrumente und Haltungen vor, die die Interessenkonflikte des Individuums aktiv bearbeitbar machen. Deshalb setzen wir bei unserem Transfercoachingverfahren auf den Stellhebel des menschlichen Willens. Im Kern unserer Haltung steht also das Konstrukt des Willens und wie man sich den Willen zunutze machen kann, wenn man sich in Veränderungsprozessen befindet.
Am Anfang der Entwickung unserer Transfercoachinverfahrens gab es leider kein empirisches Modell zum Willen, dass wir uns hätten nutzbarmachen können. Deshalb haben wir im Rahmen unserer Forschingsprojekts diesem Gedanken gewidmet und diese empirische Modell zum menschlichem Willen entwickelt. Mit Hilfe des Willenstest haben wir auf Basis von einer Stichprobe von 30000 Probanden das Konstrukt des Willens abgebildet. Hinter den vier gefundenen Faktoren, die den menschlichen Willen bestimmen, finden sich 30 konkrete Strategien, die dem Lerner helfen Motivationshürden zu überwinden. Diese Strategien stehen im Zenrtum unseres Transfercoachingverfahrens.
Dem Coach stellen wir eine Plattform zur Verfügung - das TransferCockpit. Das TransferCockpit hilft dem Coach seine Coachingprozesse zu verwalten. Coachees zum Willenstest und dem Lernmonitor (auch führ mehrere Messzeitpunkte) einzuladen. Die vom Coachee generierten Lernmonitoreinträge und Ergebnisse des Willenstests sind auf dieser Plattform com Coach einsehbar und die perfekte Grundlage für die Transfergespräche.
3. SCHRITT 1 – Lernzielvereinbarung [TOP]
3.1 Inhalte – Inhalte [TOP]
Der Unterschied zwischen Schulpädagogik und systematischer Transferbegleitung liegt in der Haltung des Coachs. Hier werden zwar, genau wie in der Schule, Lernziele definiert, der Coach als Begleitperson ist hingegen kein Lehrer sondern Reflektionsfläche und Angebotgeber für den Lerner. Der Coach gibt nicht vor sondern hilft dem Lerner eigene Veränderungsfortschritte systematisch zu bewerten. Dies bedingt klare und individuelle Lernziele zum Anfang solch eines Begleitungsprozesses.
Die Gefahr Ziele auf Absichtseben zu definieren ist solange gegeben bis man sich auf eine systematsiche Lernzielfindung einlässt. Um den Absichtscharakter von Lernzielen aktiv zu begegnen müssen Lernziele spezifisch, messbar, attraktiv, erreichbar und terminiert formuliert sein. Ansonsten laufen individuelle Veränderungsprojekte automatisch Gefahr früh verworfen zu werden.
Ist man geübt Lernziele zu definieren, kann der Coachee seine Ziele natürlich in Eigenregie definieren. Zum Aufbauen einer vertauensvollen Verhälnissses zwischen TransferCoach und Coachee ist die gemeinsame Lernzielfindung ein idealer Startpunkt, um neben den individuellen Lernzielen auch die Rollen von TransferCoach und Coachee zu klären. Was macht der TransferCoach und was nicht? Was nimmt sich der Coach in welchen Schritten vor!
Der Coachee verschriftlicht für sich die Lernziele oder Lernzielschritte. Versehen mit Zeitpunkten hat er seinen individuellen Masterplan gesteckt, um sein Lernprojekt zu verfolgen!
3.2 Technik - Die Entwicklung von Lernzielen mit Wirkung [TOP]
Um überhaupt Verhaltensänderung bzw. Lernzielerreichung abbildbar zu machen bedarf es einer klaren Lernzieldefinition. Die Frage: Was mache ich bis wann anders steht im Mittelpunkt des ersten Schritts von TransferCoaching.
Das Problem an Lernzieldefinitionen ist, dass wir dazu neigen Lernziele gleich auf Verhaltensebenen abzubilden: Bis zum Soundsovielten bin ich so oder mache Dinge so. Nach unseren Erfahrungen gilt es Lernziele am Beispiel der Schulpädagogik zu entwickeln. Um Dinge anders zu machen bedarf es im ersten Schritt die Kenntnis darum wie es anders geht. Kenne ich diesen Weg muss ich begreifen wie das geht um schlussendlich eine Vereinbarung auf der Verhaltensebene abzubilden.
Beispiel: Bis zum 01. Februar betreibe ich ein optimales Zeitmanagement! Diese Qualität an Lernziel löst einen gewissen Reiz aus, zugkräftig ist es hingegen nicht, denn ich weiss nicht was ich darfür tun kann. Unter pädagogischem Aspekt kann man das Lernziel aufbrechen und folgende drei Qualitätsebenen unterscheiden und planbar machen. Um ein optimales Zeitmanagement zu leben muss ich im ersten Schritt Strategien des Zeitmanagements kennen. Diese Strategien müssen verstanden und geprobt werden um sie letzentlich auf die andauerne Verhaltenseben zu hiefen. Für den Lerner beudeutet dies. Neue Zeitmanagementstrategien kennenlernen, ob im Selbststudium oder im Rahmen von Seminaren, Filmen oder anderen Medien. Identifikation von passenden Strategien, die ausprobiert werden können, ob sie zu einem passen und letzentlich ein Experimentieren mit diesen Strategien im tatsächlichen Leben. D.h. Das erreichen immer höherwertiger Ziele läuft synchron mit der Zeit und in verschiedenen Etappen, an denen gemessen werden sollte ob Teilschritte erfolgt sind. Diese können mit dem TransferCoach reflektiert werden.
Beispiel eines Transferziels mit Reflektionsschleifen bei kontinuierlicher Qualitätszunahme des Ziels.
A. Bis zum 01.Nov nehme ich am Seminar "Zeitmanagement für Angefangene" teil.
B. Bis Mitte Nov. identifiziere ich zwei Zeitmanagementstrategien die zu mir und meiner Situation passen.
C. Bis Ende Nov. lese ich mich nochmals in die Strategien ein und beschäftige mich mit Erfahrungsreports anderer zum Thema.
D. Bis Mitte Dez. experimentiere ich mit der Strategie 1 und bewerte sie hinsichtlich Umsetzbarkeit und Nutzen.
E. Bis Ende Dez. experimentiere ich mit der Strategie 2 und bewerte sie hinsichtlich Umsetzbarkeit und Nutzen.
F. Ab Januar setze ich die Strategien aktiv ein, indem ich beispielsweise "aktiv nein" sage bei Dingen, die ich nicht wahrnehmen kann oder will. Dies begründe ich konstruktiv und gebe gegebenenfalls Alternativangebote ab. Darüber hinaus plane ich klare Zeiten, in denen ich von meinen Kollegen gestört werden kann und wann nicht.
Eine optimaler Transferprozess kann nun klar teminiert und gezielt bearbeitet werden. Nach dem Schritt A. diskutiere ich über neu Gelerntes mit meinem TransferCoach. Nach B. bewerte ich mit meinem TransferCoach, ob ich die richtigen Strategien identifiziert habe und lasse mir weitere Tips geben wo ich mehr Informationen zum Thema bekommen kann. Nach D. wird eine Diskussion zwischen Coachee und TransferCoach angestoßen ob die ausgewählten Strategien überhaupt umsetzbar sind. Nach Schritt F reflektiert der TransferCoach mit dem Coach die eingesetzen Umsetzungsstrategien, die mich in die Lage versetzen sollten mich nicht zu verzetteln und mir mehr Zeit für mich und meine Arbeit nutzbar zu machen.
4. SCHRITT 2 - Der Willenstest [TOP]
4.1 Inhalte – Der Aufbau des Willenstest – Die Ausgabe des Tests [TOP]
Der Test als Erweiterung der Handlungsalternativen
Das Konstrukt Wille als Beratungsmodell für den Coach
4.2 Technik – Technische Realisierung Open Source – Technische Realisierung VTU-digital [TOP]
4.3 Methoden – Selbstreflektion …. [TOP]
4.4 Menschen – Coaching [TOP]
5. SCHRITT 3 – Der Lernmonitor [TOP]
5.1 Inhalte – Der Aufbau des Lernmonitors [TOP]
5.2 Technik – Technische Realisierung Open Source (Lime Survey) – Technische Realisierung VTU-digital [TOP]
5.3 Methoden – Monitoring …. [TOP]
5.4 Menschen – Coaching [TOP]
6. SCHRITT 4 - Transfertelefonat [TOP]
6.1 Inhalte – Der Aufbau des Transfertelefonats [TOP]
6.2 Technik – Willensstrategien und Handreichung zur digitalen (Telefon) Umsetzung. Gesprächsleitfäden, Arbeitsblätter [TOP]
6.3 Methoden – Gesprächsführung [TOP]
6.4 Menschen – Themen zentriertes Coaching [TOP]
7. Forschungsprojekt mit Tips für die betriebliche Nutzung [TOP]
7.1 Das Forschungsprojekt und die Ergebnisse [TOP]
Mit dem Begriff Transfer wird die Fähigkeit umschrieben, erworbenes Wissen erfolgreich in ein Anwendungsfeld zu übertragen. Damit wird ein zentrales erziehungswissenschaftliches Problemfeld angesprochen, das ungeachtet vieler Forschungsbemühungen nach wie vor eine Reihe offener Fragen beinhaltet. Auf der Mikroebene sind es vor allem motivationale Herausforderungen, die den Transferprozess gefährden. Der vorliegende Beitrag richtet den Fokus auf diese Ebene, und führt eine auf volitionalen Überlegungen beruhende Transferunterstützung ein. Diese geht davon aus, dass Motivation zur Einführung neuer Verhaltensweisen oftmals nicht ausreicht, da die Person mit Widerständen, unzureichender Unterstützung oder fehlenden Gelegenheiten zum Üben konfrontiert wird. Hier bieten volitionale Theorien Erklärungen, wie diese Defizite überwunden werden und geringe Motivation kompensiert werden können.
Das systematisch angelegte Transferverfahren beinhaltet phasenspezifische Instrumente wie einen Online-Test zur Analyse der volitionalen Kompetenz zu Beginn des Transfers.
Die praktische Erprobung fand im Rahmen öffentlich geförderter Weiterbildungsveranstaltungen mit insgesamt 175 Personen statt. Es zeigte sich, dass ein SMART-formuliertes Transferziel mit einer höheren Transfermotivation und Zufriedenheit mit dem Transferprozess einher ging. Darauf gestützte praktische Ableitungen werden im Anschluss diskutiert.
7.1.1 Problemstellung [TOP]
In der Erziehungswissenschaft ist das Thema Transfer in aller Munde (Gräsel, 2010). Vor dem Hintergrund der immer stärker geforderten Übertragung wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse in die Praxis widmet sich ein Schwerpunktheft der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft verschiedenen Facetten von Transfer (Heft 13, Ausgabe 1), u.a. werden Möglichkeiten didaktischer Unterstützung zur Transferförderung diskutiert (Hommel & Goldermann, 2009). Allerdings gilt die genuin erziehungswissenschaftliche Frage, wie Transfer auf der Mikroebene unterstützt werden kann, so dass Gelerntes auch tatsächlich angewendet wird, nach wie vor als nicht ausreichend beantwortet (Prenzel, 2010). Auch verwandte Disziplinen wie die Arbeits- und Organisationspsychologie bearbeiten gegenwärtig intensiv dieses Thema. Dabei geht es darum, die geringe Transferquote von Trainings und die dadurch entstehenden pädagogischen wie auch ökonomischen Konsequenzen aufzuklären (Gegenfurtner, Veermans, Festner, & Gruber, 2009).
Sämtliche Aktivitäten zur gezielten Verbesserung des Transfers werden unter dem Begriff Transfermanagement subsumiert (Lemke, 1995). Damit soll deutlich gemacht werden, dass Transfer üblicherweise nicht von selbst geschieht, sondern aktiv gestaltet und systematisch unterstützt werden sollte, damit er nachhaltig Früchte trägt. Die Voraussetzungen für Transfererfolg können im Vorfeld durch Maßnahmen wie die Ermittlung des Bildungsbedarfs geschaffen werden. Im Lernprozess selbst empfiehlt es sich, auf Wünsche und Vorerfahrungen der Teilnehmer einzugehen. Dadurch entstehen motivational günstige Voraussetzungen, die den Transfer in den Anwendungskontext befördern. Vor dem Hintergrund, dass der Lerner selbst für den Transfer verantwortlich ist, d.h. Transfer aktiv und selbstgesteuert betreiben muss, ist eine persönliche Umsetzungsstrategie wichtig. Diese beschreibt, was von dem Gelernten in welchem Kontext auf welche Art umgesetzt werden soll. Da der Lerner während dieses Prozesses oft anfällig für Ablenkungen ist, bietet sich ein persönliches Coaching als gezielte Unterstützung an (Geißler, 2008).
Als eine der wichtigsten Einflussvariablen für erfolgreichen Transfer gilt Motivation, die in diesem Zusammenhang auch als Transfermotivation bezeichnet wird und Auskunft gibt über die Ausdauer und Intensität der Bemühungen, Gelerntes im Arbeitsfeld anzuwenden. Zu diesem Ergebnis kommen beispielsweise die von Nickolaus und Abel (2006) herausgegebenen Expertisen zur Transferforschung oder die umfangreichen Arbeiten von Holton (2005).
Viele Studien zeigen, dass Transfermotivation in substantieller Verbindung mit Wissenserwerb, Transfer und Arbeitsleistung steht. So weisen Colquitt, LePine und Noe (2000) in einer Meta-Analyse pfadanalytisch nach, dass Trainingsmotivation den Zusammenhang von Persönlichkeitseigenschaften und Organisationsmerkmalen mit Trainingsergebnissen mediiert. Ähnliche Befunde liegen von Osterloh und Frey (2000) vor.
Diese Ergebnisse legen nahe, dass Motivation vor, während und nach einer Lernveranstaltung eine herausragende Bedeutung hat. Fraglich bleibt jedoch, ob diese tatsächlich ausreichend ist, um die in der Transferphase entstehenden Hürden und Schwierigkeiten zu überwinden bzw. mit negativen Emotionen (z.B. Frust) adäquat umzugehen. Denn die Lern- bzw. Transfermotivation ist oftmals Schwankungen unterworfen (Pickl, 2004) und kann, wie Leitl und Zempel-Dohmen (2006) nachweisen, in den ersten Monaten nach einer Bildungsmaßnahme zurückgehen. Vor dem Hintergrund der Komplexität des Transferprozesses sind diese Befunde eigentlich nicht verwunderlich.
Im Folgenden werden durch das Konstrukt Volition eine zusätzliche Dimension der Unterstützung menschlicher Handlungen eingeführt und die Potentiale für ein optimiertes Transfermanagement herausgearbeitet.
7.1.2 Konzeptioneller Hintergrund [TOP]
7.1.2.1 Die Bedeutung volitionaler Theorien für den Transfer [TOP]
Die hier vorgestellte Studie präsentiert erste Befunde eines umfangreichen Forschungsprojekts mit dem Ziel, empirisch gesicherte Erkenntnise über die Wirkungsweise transferfördernder Maßnahmen zu erhalten. Die dafür nötige Referenzgrundlage wird durch das Volitionale Design Modell (Deimann, 2007) geschaffen: ein systematisches Vorgehen zur Entwicklung volitional-gestützer Lernumgebungen. Unter Bezugnahme auf die volitionale Grundlagenforschung werden beginnend mit der Analyse motivationaler und volitionaler Voraussetzungen der Person und des Kontexts Schritte zur Gestaltung von Strategien und deren Integration in Lerneinheiten beschrieben.
Das Modell ist konzeptionell anschlussfähig und wurde im vorliegenden Fall für die Transferunterstützung adaptiert. Der Lerner wird dabei konsequent durch verschiedene Transferetappen begleitet. Zentraler Stellhebel ist die individuelle Willensstärke, die durch entsprechend entwickelte Instrumente unterstützt wird.
Willensstärke, auch volitionale Handlungssteuerung genannt, bezeichnet die Fähigkeit, Handlungen entgegen aktueller Bedürfnisse auch unter Überwindung innerer oder äußerer Hemmnisse auszuführen. Sie ist wichtige Bedingung von Selbstregulation oder Selbstkontrolle zur Erreichung eines Ziels oder eines selbst gesetzten Standards. Sie kann als ein System zur Steuerung bzw. Regulation bestimmter psychischer Funktionen wie der Emotionskontrolle beschrieben werden (Kuhl, 2001). Selbstkontrolle wird aufgefasst als eine Steuerungsart zur Realisierung von Absichten, die nicht durch viele Komponenten des Selbst unterstützt werden. Analog einem autoritären Regierungsstil in politischen Systemen setzt hier der Wille den Kurs gegenüber der Mehrheitsmeinung durch. In Kontrast hierzu steht die Selbstregulation, bei der weite Teile des Selbst die Absicht mittragen und unterstützen. Mit der Metapher des demokratischen Regierungsstils wird illustriert, dass hier viele Gruppen Einfluss auf den Kurs haben und dieser weitgehend unterstützt wird.
Die jüngere Forschung aus dem Bereich der Gesundheitspsychologie hat gezeigt, dass Volition von herausragender Bedeutung ist für die Realisierung von Zielen, die für die Person sehr wichtig sind, aber nicht entsprechend von ihr verfolgt werden. Sniehotta, Scholz und Schwarzer (2006) führten eine längsschnittliche Interventionsstudie durch, die herzkranke Patienten unterstützen sollte, regelmäßig an Rehabilitationsmaßnahmen teilzunehmen. Zwei Gruppen wurden anschließend verglichen: eine Kontrollgruppe mit Standard-Handlungsplänen (wann, wo und wie Maßnahmen durchgeführt werden sollen) und eine Experimentalgruppe mit zusätzlichen volitionalen Strategien zum Umgang mit antizipierten Hürden im Rehabilitationsprozess. Es zeigte sich, dass die Experimentalgruppe signifikant mehr Übungen zwei Monate nach der Entlassung aus der Maßnahme durchführte. Ähnlich wirksam waren volitionale Interventionen bei Mundhygiene oder Diätkursen (zusf. Schwarzer, 2006). Grundlegend für diese Art von Fördermaßnahmen ist, dass sie auf die Veränderung von eingespielten Verhaltensroutinen abzielen. Dazu reicht Motivation im Sinne der Intentionsbildung („ich möchte regelmäßig Sport treiben“) nicht aus, wie zahlreiche Studien belegen konnten (z.B. Vanhooft, Born, Taris, Vanderflier, & Blonk, 2005).
Ungeachtet dieser überzeugenden Befunde hat sich die Transferforschung bisher nicht wirklich auf volitionale Theorien gestützt. Analog den dokumentierten Verhaltensänderungen im gesundheitspsychologischen Bereich betrifft Transfer die Umsetzung persönlich wertvoller Ziele. Wie Corno (1993) ausführt, ist gerade in komplexen Lern- und Handlungsumgebungen wie der Transferphase der Einsatz volitionaler Strategien eine notwendige und hinreichende Bedingung für Lernerfolg.
Umso erstaunlicher erscheint es, dass bisher keine Ansätze entwickelt wurden, den Transferprozess um volitionale Forschungserkenntnisse anzureichern. In einem Übersichtsartikel stellen Gegenfurtner et al. (2009) fest, dass Lernmotivation und Transfermotivation bislang nur als eindimensionale Variablen konzipiert waren. Zudem kritisieren Pugh und Bergin (2006), dass die Konzepte Motivation und Transfer eher nebeneinander stehend behandelt und nicht aufeinander bezogen wurden. Vor dem Hintergrund einer Analyse zahlreicher Lerntransfermodelle extrahiert Karg (2005) wesentliche Einflussfaktoren. Darunter finden sich drei motivationale Variablen: Änderungs-, Lern-, und Transfermotivation. Diese Namensvielfalt findet jedoch keinen Niederschlag in einem differenzierten konzeptionellen Modell.
Wie im Folgenden gezeigt wird, eignet sich volitionale Forschung sehr gut als Bezugssystem, da dadurch transfer-kritische Faktoren, insbesondere motivationale, sehr viel weiter aufgespannt werden können. Der Transferprozess kann damit tiefgründiger erkundet und nachhaltiger unterstützt werden.
7.1.2.2 Die Transferarchitektur Volitionale TransferUnterstützung (VTU) [TOP]
Ausgangspunkt unserer konzeptionellen Überlegungen ist die prinzipielle Annahme, dass eine hohe Motivation alleine noch keine hinreichende Bedingung für erfolgreichen Transfer in das Anwendungsfeld ist. Dies ist vor dem Hintergrund der komplexen Funktionsabläufe Zielsetzung, -initiierung, -durchführung und -ablösung plausibel, die mit je eigenen, distinkten Anforderungen aufwarten (Oettingen & Gollwitzer, 2002). In diesem Verlauf kommt es zu einer konzeptionellen Trennung zwischen prä-aktionalen, aktionalen und post-aktionalen Phasen. Während die erste und dritte motivational gesteuert ablaufen (z.B. abwägen von Handlungsalternativen zur Erreichung des intendierten Ziels), ist die mittlere Phase volitonal gestützt. Gerade bei herausfordernden Aufgaben kommen dieser Bedeutung zu und kann mit entsprechenden Strategien ausgeführt werden. Diese können kognitiver, motivationaler und/oder emotionaler Art sein zur Reduzierung internaler oder externaler Ablenkungen. Randi, Corno und Johnson (2011) illustrieren dies im Zusammenhang mit Übergangsphasen, z.B. von der Hochschule in die Arbeitswelt. Auch die Transferphase kann als Transition von einer Weiterbildungsveranstaltung zum Arbeitsplatz begriffen werden, in der es zu Herausforderungen wie dem Aufbrechen von eingespielten Routinen kommt. Durch den Einsatz volitionaler Strategien kann die Transfermotivation aufrechterhalten und gegenüber konkurrierenden Zielen geschützt werden. Transferlücken, die durch abnehmende Motivation entstehen können, lassen sich dadurch kompensieren (Kehr, 2009). Allerdings sollte der Einsatz volitionaler Strategien zeitlich begrenzt sein, da ein exzessiver Gebrauch schwere psychische Schäden der Person bis hin zu Depression auslösen kann (Kuhl, 2006). Generell wird davon ausgegangen, dass volitionale Prozesse aus einer endlichen Ressource gespeist werden (Baumeister, Vohs, & Tice, 2007), die entsprechende Erholungsphasen brauchen. Daher sollte die volitionale Stützung zurückgefahren werden, sobald ausreichend motivationale Stützung vorhanden ist.
Im günstigen Fall findet somit eine Wechselwirkung zwischen Motivation und Volition statt mit dem Ziel, Handlungsabläufe möglichst reibungslos durchführen zu können. Zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Selbst-Überwachung dieser Verläufe zu (Perels, Otto, Landmann, Hertel, & Schmitz, 2007).
Das hier vorgestellte Transferverfahren ist angelehnt an Modelle des Lerntransfermanagements (Lemke, 1995; Seufert, 2008; Solga, 2008), spezifiziert jedoch expliziter volitionale Unterstützungsmaßnahmen in einer sequentiellen Reihenfolge. Es ist didaktisch so angelegt, dass die Person unter gezielter Anleitung in die Notwendigkeit volitionaler Handlungssteuerung eingeführt wird, diese dann selbstständig durchführt und am Ende der Transferphase mit einem Coach kritisch reflektiert.
Die Bausteine der in Abbildung 1 schematisch dargestellten Transferarchitektur VTU umfassen Werkzeuge und Strategien zur volitionalen Stützung des Transferprozesses, der sich einer 2+1 konzipierten Lehrveranstaltung anschließt.
Zum Ende des zweiten Tages besucht der Transfer-Coach die Veranstaltung vor Ort und führt in das Verfahren ein. Es findet ein persönlicher Austausch statt und die Teilnehmer werden damit frühzeitig auf die weiteren, z.T. elektronisch durchzuführenden, Schritte vorbereitet. Dabei geht es auch darum, komplexe theoretische Ansätze allgemeinverständlich zu vermitteln. Eine solche Konzeption – einführende Präsenzphase gefolgt von E-Learning-Phasen – hat sich in der Praxis gut bewährt (Dittler, 2003).
Vor Beginn der eigentlichen Transferphase bearbeitet die Person das online zur Verfügung stehende Instrument „Willenstest“ (http://willenstest.fernuni-hagen.de). Dieses von Deimann, Weber und Bastiaens (2009) entwickelte Analyseverfahren zerlegt individuelle volitionale Kompetenz in disktinkte Kernkomponenten (z.B. Konsequenzenkontrolle) und bietet darauf abgestimmte Strategien zur Optimierung des Profils. Die Strategien sind aus der einschlägigen Forschung abgeleitet und didaktisch aufbereitet (Deimann & Weber, 2009). Der Willenstest stimmt die Teilnehmenden auf den Transferprozess ein und macht auf die Notwendigkeit volitionaler Handlungssteuerung aufmerksam. Gerade in solchen Settings, die ein hohes Maß an Selbststeuerung erfordern, ist ein funktionierendes Repertoire an volitionalen Strategien enorm wichtig (Corno, 2001).
Der Willenstest ist ein Instrument zur Selbsteinschätzung der individuellen Willenskompetenzen und überprüft, was in Situationen von Unlust, also geringer Motivation, getan wird. Dazu werden der Person fiktive Szenarien vorgeschlagen, z.B. sich selbst nach Teilzielen belohnen. Als Ergebnis werden Strategien (siehe Tabelle 1: Strategien des Willenstests) ausgegeben, die bisher selten bzw. wenig eingesetzt wurden. Als Referenzwerten werden dazu die Mittelwerte der Gesamtstichprobe von zur Zeit N> 40.000 zugrunde gelegt. Die Strategien werden neben einer HTML-Ausgabe am Bildschirm zusätzlich in Form eines PDF-Dokuments bereitgestellt und sind im Arbeitsbuch über die validierten Willenskompetenzen sortiert. Zur didaktischen Aufbereitung werden die Strategien in eine fiktive Lerngeschichte von „Herrn Feuerstein“ eingebettet. Zum ersten Kennenlernen und Einüben der Strategien werden Arbeitsblätter zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus verweisen die einzelnen Kapitel auf weiterführende Literatur.
Für den eigentlichen Transferprozess werden Transfertagebücher zur Verfügung gestellt, in denen Hürden, aber auch Erfolgserlebnisse protokolliert werden. Die Tagebücher verstehen sich als Operationalisierung des volitionalen Funktionsprinzips Selbst-Monitoring (Baumeister, Heatherton, Tice, & Marsh, 1996) und gehen auf Planungs- und Zielsetzungsprozesse ein. Eine vorausschauende und SMARTe Zielsetzung (Latham & Locke, 2006) verhindert motivationale Schieflagen und/oder negative Emotionslagen. Generell haben sich (Lern-)Tagebücher als wirkungsvolles Instrument zur Förderung selbstregulierten Lernens erwiesen (Nückles, Schwonke, Berthold, & Renkl, 2004), was für das Gelingen von Transferprozessen eine wichtige Voraussetzung darstellt.
Ergänzend zu den Transfertagebüchern finden Einzelcoachings statt, die über moderne Kommunikations- und Informationstechnologien, wie z.B. Skype oder Adobe Connect, realisiert werden. Deren Möglichkeiten werden zunehmend als Ergänzung zum traditionellen Präsenzcoaching genutzt und daher auch als Blended Coaching bezeichnet (Geißler, 2008). Das Coaching versteht sich als Prozessberatung zur Klärung von Fragen der volitionalen Handlungssteuerung und des Transfermanagements. Dementsprechend sind die Transfer-Coaches keine Experten für inhaltliche oder organisatorische Fragen der jeweiligen Bildungsmaßnahme. TransferCoaching bezeichnet eine relativ neue Methode Lerntransfer zu unterstützen, mit dem Ziel, „(...) dass Coaches kein neues Fachwissen einbringen, sondern die Teilnehmer bei der Lösung konkreter Problemstellungen in ihrem Arbeitsalltag unterstützen und damit die Anwendung des im Seminar Gelernten im realistischen Arbeitsalltag fördern“ (Behrendt, Pritschow, & Rudesheim, 2007, S. 349).
7.1.2.3 Fragestellungen [TOP]
Zahlreiche Studien haben auf die Bedeutung von Motivation vor Beginn einer Lernveranstaltung hingewiesen (z.B. Tai, 2006). Allerdings ist die Befundlage zur Rolle der Motivation danach (d.h. zur Bedeutung von Transfermotivation) eher dünn. Offen ist z.B., wie sich Transfermotivation im zeitlichen Abstand von Lehrveranstaltungen entwickelt (Leitl & Zempel-Dohmen, 2006). Auch gibt es sowohl Belege für einen positiven Zusammenhang zwischen Transfermotivation und späterer Transferleistung (Axtell, Maitlis, & Yearta, 1997) als auch Befunde, die keinen Zusammenhang nachweisen konnten (Tziner, Haccoun, & Kadish, 1991). Rowold (2008) kritisiert in diesem Kontext, dass vergleichsweise wenig darüber bekannt ist, in welcher Relation Transfermotivation, Transferleistung und kontextuelle Variablen wie die private und berufliche Belastung stehen.
Weiterhin gibt es bisher kaum systematische Versuche, Wirkungsweisen volitionaler Handlungssteuerung gezielt für die Förderung von Transfermaßnahmen einzusetzen. Eine Ausnahme bildet die Studie von Hertel (2010), bei der sich der Einsatz metakognitiver Strategien positiv auf den Transferprozess auswirkte. Metakognitive Strategien stellen jedoch nur einen, wenn auch nicht unbedeutenden, Ausschnitt der mannigfaltigen Bandbreite volitionaler Strategien dar (Corno, 2001).
Vor diesem Hintergrund verfolgt die hier präsentierte Studie einen explorativen Ansatz, um erste Erkenntnisse über Effekte einer volitional angereicherten Transferunterstützung zu gewinnen. Es wird ein personenzentrierter Zugriff eingenommen, der den gesamten Ablauf des Transferprozesses (siehe Abbildung 1) in den Blick nimmt. Dadurch können Transferprobleme besser aufgeklärt werden als in einer rein motivational-basierten Analyse (Gegenfurtner u. a., 2009).
Die Übertragung dieser nachgewiesenen Funktionsprinzipien auf die Transferforschung erscheint vor dem Hintergrund der eingangs aufgeworfenen Problematik (geringe Transfereffizienz) viel versprechend. Mit der vorliegenden Untersuchung wird der Versuch unternommen, Erkenntnisse über die Wirkungsweise volitionaler Variablen im Transfergeschehen zu gewinnen. Im Besonderen geht es dabei um den Einfluss volitionaler Unterstützung auf die Transfermotivation in Anlehnung an die bereits ausgeführte Wechselwirkung der beiden Variablen. Kann z.B. durch eine bewusste Reflexion des Transferprozesses, die systematisch angeleitet ist durch das Transfertagebuch, die Motivation aufrechterhalten bzw. gesteigert werden?
In Betracht gezogen werden dabei intervenierende Variablen, wie die berufliche und private Belastung. Auch soll der Bedeutung unterstützender Maßnahmen im Anwendungsfeld nachgegangen werden, d.h. erkundet werden, inwieweit Gelegenheiten zum Transfer erkannt und umgesetzt wurden, was sich in vorherigen Studien als ein beeinträchtigender Faktor des Transfererfolgs herausgestellt hat (Hertel, 2010).
In Ergänzung dazu werden die Akzeptanz von VTU sowie Faktoren, die den Implementationsprozess behindern oder fördern, analysiert.
7.1.3 Methode [TOP]
7.1.3.1 Stichprobe, Datenerhebung und Durchführung der Studie [TOP]
An der systematischen volitionalen Transferbegleitung nahmen im Zeitraum von März 2010 bis Februar 2011 147 Teilnehmer aus geförderten Weiterbildungsveranstaltungen der Agentur für Arbeit im Rahmen von WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und älterer Arbeitnehmer in Unternehmen) teil. In der Studie finden sich überwiegend männliche Teilnehmer (75%), was der Unterrepräsentanz von Frauen in diesen Maßnahmen geschuldet ist. Aus datenschutzrechtlichen Gründen war die Erfassung des Alters nicht möglich.
Geförderte Weiterbildungsmaßnahmen nach SGB III können nur durch staatlich zertifizierte Bildungsträger gemäß der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung – Weiterbildung – AZWV (siehe http://www.azwv.de/) durchgeführt werden. Diese werden nach dem Bildungsgutscheinverfahren abgerechnet. Prinzipielle Ziele dieser Förderung bis Ende 2010 sind:
1. die Weiterbildung der Beschäftigten zu intensivieren und die Qualifikation als wichtigsten Standortvorteil Deutschlands zu stärken,
2. Qualifizierungspotenziale zu stärken und das Qualifizierungsniveau der Beschäftigten in den Unternehmen zu verbessern,
3. Sicherung der Arbeitsplätze sowie Vermeidung von Entlassungen und Arbeitslosigkeit.
Die an der Studie beteiligten Personen kamen aus einem Unternehmen, das Abfüllanlagen baut (N = 115) und aus einem Handelsunternehmen für Brandschutzzubehör (N = 32).
Inhaltlich ging es in den Veranstaltungen um Führungskräfteentwicklung 1 (N = 10), Führungskräfteentwicklung 2 (N = 14), Projektmanagement (N = 22), Serviceorientierung (N = 40) und Zeitmanagement (N = 51).
Realisiert wurden die Veranstaltungen von der Unternehmensberatung KURPFALZ MANAGEMENT in Kooperation mit dem AZWV-zertifizierten Bildungsträger Lange Erfolg (www.lange-erfolg.de). Dies ermöglichte den Zugang zum Feld der betrieblichen Weiterbildung sowie die Rekrutierung der Stichprobe. Auf der anderen Seite ergaben sich Beschränkungen bei der Durchführung der Studie. So konnte aus datenschutzrechtlichen Bestimmungen keine Zuordnung der Daten aus dem Willenstest zu den Daten aus dem Transfertagebuch und dem Telefon-Coaching vorgenommen werden.
Die volitionale Tansferunterstützung begann am zweiten Tag mit einer inhaltlichen und konzeptionellen Einführung durch einen Transfer-Coach (siehe Abbildung 1: Schematische Darstellung der Transferarchitektur VTU) und sah folgende zeitliche Investitionen der Teilnehmer während ihrer Arbeitszeit vor:
1) Trainingstag 1: 10 Unterrichtseinheiten (UE) zu jeweils 45 Minuten
2) Trainingstag 2: 10 UE
3) Selbstlernphase1 unterstützt durch die Instrumente Willenstest, Transfertagebuch und Transfergespräch: 4 UE
4) Selbstlernphase 2: 4 UE
5) Trainingstag 3 (Follow-up): 10 UE
Die Präsenz- und Lernphasen mussten laut Maßnahmenzertifizierung während der Arbeitszeit realisiert werden. Die Förderung der Maßnahmen seitens der Agentur war von dieser Bedingung abhängig.
Nach den ersten beiden Präsenzphasen bekamen die Teilnehmer per E-mail eine Einladung zum Willenstest. Sie wurden instruiert, ihr persönliches Profil sowie die Strategievorschläge abzuspeichern. Wiederum eine Woche später erhielten wurde per E-mail die Einladung zum Transfertagebuch verschickt. Umgesetzt wurde dies mit der Open-Source Software LimeSurvey (http://www.limesurvey.org). Inhaltlich ging es zunächst um den bisherigen Transferprozess (kritische Reflexion). Danach ging es um eine Vorschau auf bzw. Planung für die nächste Transferwoche. Die Teilnehmer sollten den beabsichtigten zeitlichen Aufwand für ihr Transferziel kalkulieren und dann eintragen. Auch war zu dokumentieren, welche konkreten Schritte durchgeführt werden sollten, um das Transferziel bzw. ein Teilziel zu erreichen.
Vor dem Follow-up Tag wurde ein telefonisches Coaching-Gespräch durchgeführt. Die Teilnehmer wurden zum vorab vereinbarten Termin vom Transfer-Coach angerufen und zu verschiedenen Aspekten befragt. So ging es z.B. um eine Einschätzung des bisherigen Transferprozesses vor dem Hintergrund von Schwierigkeiten und wie damit umgegangen wurde. Insgesamt standen für die Studie drei Transfer-Coaches zur Verfügung.
Die Gespräche dauerten durchschnittlich 15-20 Minuten, in Ausnahmefällen auch 45 Minuten. Die Teilnehmer nutzten das Coaching-Gespräch nicht nur für transferrelevante Inhalte, sondern auch für Anliegen aus dem Tagesgeschäft. Alle Gespräche wurden protokolliert und später ausgewertet.
Im Rahmen der Untersuchung wurde nicht erhoben, in welcher Form die Lernphasen organisational umgesetzt wurden. Viele Teilnehmer haben die Lernphasen individuell in Form von Selbstlernphasen organisiert. Bei einigen Themen, zum Beispiel das Modul Führungskräfteentwicklung 1 und 2 bei dem Anlagenbauer, haben die Führungskräfte die Lernphasen gezielt genutzt, um mit ihren Mitarbeitern die Ergebnisse einer Klimaanalyse zu kommunizieren und im Rahmen von moderierten Workshops Interventionen zu initiieren. Die Ergebnisse hierzu wurden wieder in den Führungskreis zurück gespielt.
7.1.3.2 Erfassung transferrelevanter Variablen [TOP]
Mit dem Tagebuch wurden transfer-relevante Variablen auf der State-Ebene gemessen. Damit lassen sich die in der Weiterbildung vermittelten Inhalte sowie die geplanten konkreten Schritte zur Umsetzung des Gelernten dokumentieren (Hommel & Goldermann, 2009). Erfragt wurde auch die Transfermotivation, orientiert an der von Leitl und Zempel-Dohmen (2006) postulierten dynamischen Konzeptualisierung. Die Teilnehmer befanden sich zum Zeitpunkt der Erfassung wieder an ihrem Arbeitsplatz und hatten bereits konkrete Erfahrungen außerhalb des Trainingsumfelds zur Umsetzung ihres Transferziels gemacht.
Ein weiterer Messzeitpunkt ist durch das telefonische Coaching-Gespräch gegeben. Hier flossen die Erfahrungen mit dem Transfertagebuch sowie die weiteren Transfererlebnisse ein. Der durchschnittliche zeitliche Abstand zum zweiten Präsenztag betrug drei Wochen wodurch eine Art Stabilitätsmessung möglich war.
7.1.4 Empirische Befunde und [TOP]
7.1.4.1 Ergebnisse zum Transferprozess [TOP]
Die in 85 Transfertagebüchern erfassten Variablen zeigten eine Momentaufnahme während des Transferverlaufs. Es ergaben sich signifikante Zusammenhänge zwischen der Transfermotivation und der Zufriedenheit mit dem aktuellen Umsetzungsstand sowie der Handlungssicherheit im Transferprozess (Tabelle 2: Bivariate Korrelationen zwischen den im Transfertagebuch erfassten Variablen). Somit scheint sich eine klare und strukturierte Vorgehensweise positiv auf die Motivation auszuwirken. Diese Annahme bestätigte sich in einer anschließend durchgeführten Regressionsanalyse: Zufriedenheit (Beta=.25) und Handlungssicherheit im Transferprozess (Beta=.23) weisen den größten Einfluss auf. Eher marginal ist dagegen der Einfluss der privaten und beruflichen Verpflichtungen (Beta= .06;). Eine Darstellung hierzu findet sich in Abbildung 2: Schematische Darstellung der Ergebnisse zur Transfermotivation. Insgesamt klären die Variablen des Transfertagebuchs 31% an Varianz auf.
Es konnten somit wichtige Einflussfaktoren der Transfermotivation identifiziert werden, die sich zudem als Ansatz für gezielte Interventionen eignen. Dadurch dass das Transferverfahren VTU die Teilnehmer bei ihrem Transfer nicht allein lässt, sondern systematisch unterstützt, kann Handlungssicherheit hergestellt werden.
Um Erkenntnisse zu gewinnen, welche volitionalen Strategien im Transferprozess wichtig sind, wurden die Tagebücher inhaltsanalytisch ausgewertet. Damit lassen sich Kommunikationsinhalte in Bezug auf bestimmte Merkmale systematisch untersuchen (Früh, 2007). Es wurde eine theoriegeleitete Vorgehensweise gewählt, um Ausdifferenzierungen der Anwendung volitionaler Strategien, theoretisch fundiert im Sinne der Taxonomien von Corno und Kanfer (1993) sowie von Deimann et al. (2009), möglichst umfassend erfassen zu können. Sie spiegeln eine große Bandbreite der gezielten Einflussnahme auf psychische Binnenprozesse und deren Interaktionen wider. Als Kriterium gilt dabei, der Wunsch nach Verbesserung eines als unbefriedigend erlebten Zustandes.
Kontext der Analyse waren die Eintragungen der Teilnehmenden im Transfertagebuch zur Frage „Was werden Sie nächste Woche konkret tun, um Ihre Transferziele zu verfolgen (z.B. sich Teilziele setzen; Ihren Arbeitsplatz verlegen; Prioritäten anders setzen; regelmäßige und bewusste Pausen einlegen, ...)?“. Daraufhin wurden alle Äußerungen kodiert, die als Ausgestaltung einer volitionalen Strategien aufgefasst werden können. Die schriftlichen Eintragungen im Transfertagebuch sind als bewusste Reflexion im Unterschied zu eher spontanen verbalen Äußerungen aufzufassen.
Das führte zu folgenden Kategorien:
Stimmungsmangement als Ausdruck die eigenen emotionale Lage gezielt positiv zu beeinflussen
Meta-Kognitive Kontrolle als Audruck des Wissens um den Einsatz adäquater Lernstrategien sowie zur Selbstüberwachung und Kontrolle des Lernverhaltens
Konsequenzenkontrolle als Ausdruck der Fähigkeit durch die Antizipation von Handlungsergebnissen und -folgen die motivaitonale Basis der aktuellen Handlung zu stärken.
Tabelle 3: Inhaltsanalytische Auswertung volitionaler Strategien , gibt einen Einblick, inwieweit die Teilnehmer volitionale Strategien während der Transferphase eingesetzt haben. Der Schwerpunkt liegt hier offensichtlich bei den metakognitiven Strategien, die z.B. abzielen auf die Bewertung von Abläufen und die somit eine starke selbstreflexive Komponente aufweisen (siehe dazu auch Hertel, 2010). Weitaus geringer sind Strategien aus dem Bereich Stimmungsmanagement und der Konsequenzenkontrolle anzutreffen.
Die Teilnehmenden, die im Transfertelefonat angaben, mit dem Tagebuch gearbeitet zu haben, wiesen eine höhere Transfermotivation (Wie hoch war letzte Woche Ihre Motivation an Ihren Transferzielen zu arbeiten?) auf als Personen, die nicht mit dem Tagebuch gearbeitet hatten (F=7.202, p=.009, d =0.95).
Die Teilnehmenden, die die Chance nutzten, ihren Lernfortschritt zu monitoren, zeigen einen höheren Anteil an bearbeiteten Aufgaben (49,06%) im Vergleich zu den Teilnehmenden die das Tagebuch nicht nutzten (44,06).
Eine Evaluation des Lernfortschritts konnte nicht realisiert werden. Jedoch wurde im Rahmen der Untersuchung mittels Selbsteinschätzungen der aktuelle Bearbeitungsstand der Transferaufgaben erhoben. In den Transfertelefonaten hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, Auskunft über ihren aktuellen Bearbeitungsstand sowie dabei auftretende Schwierigkeiten zu geben.
116 von 142 teilnehmenden Personen haben die Frage “Sind die Aufgaben, die Sie im Training erhielten umgesetzt?“ beantwortet. Die durchschnittliche Bearbeitungsquote zur Hälfte der Transferphase lag bei 48%.
Uns ist bewusst, dass wir damit keine exakten Aussagen zum tatsächlichen Lernfortschritt über die gesamte Transferphasse machen können. Dennoch liegt damit ein Indiz dafür vor, inwieweit an den Lernaufgaben gearbeitet wurde, womit dann wiederum ein gewisser Lerntransfer einherging.
Eine Nachbefragung zur Messung des tatsächlichen Lernerfolgs war uns im Rahmen dieses Projekts leider nicht möglich. Die Unternehmen sehen im Bezug auf das Thema Evaluation heute keinen Gewinn für ihren Wertschaffungsprozess. Die Kosten für eine lernzielbasierte Evaluation mit entsprechender Instrumentenentwicklung sind zu hoch und der Nutzen monetär nicht messbar. Prinzipiell ist der Lernerfolg von Weiterbildungsveranstaltungen nicht auf das Geschäftsergebnis hin operationalisierbar. Diesbezüglich wurde in den letzten Jahrzehnten viel geforscht, ein valides Instrument zum ROI für Weiterbildungsmaßnahmen wurde bisher nicht entwickelt. Insofern ist die eher abwehrende Haltung der Unternehmen, in die Evaluation gezielt zu investieren (Kabst & Wehner, 2010), nachvollziehbar.
7.1.4.2 Akzeptanz der transferunterstützenden Instrumente [TOP]
Die drei TransferCoaching Instrumente Willenstest, Transfertagebuch und das Protokoll des Telefonats geben Hinweise auf qualitative und quantitative Lernfortschritte der Teilnehmer und unterstützen dadurch auch direkt den Lernprozess. Um dies auch empirisch überprüfen zu können, wurde im Coaching-Gespräch nach dem persönlich wahrgenommenen Nutzen gefragt. Dies ergab folgendes Bild:
Der Willenstest wurde von 72% der Probanden durchgeführt, 16% nahmen am Willenstest nicht teil und 12% machten hierzu keine Angabe. Er wurde von unseren Probanden mehrheitlich als sinnvoll und als echte Hilfe wahrgenommen. Auch deswegen, weil er nicht nur für die Transferphase sondern auch für andere Entwicklungsziele und Lernvorhaben Hilfestellungen geben kann.
Die Nutzungsquote beim Transfertagebuch lag bei 58%, 26% nutzen das Transfertagebuch nicht und von 15% fehlten die Angaben.
Das gesamte Verfahren der Transferunterstützung wurde von 75% als hilfreich eingeschätzt, 12% wahren der Meinung, dass ihnen die Transferbegleitung keinen Nutzen gebracht hat und von 13% fehlen hierzu die Angaben.
Hier zwei Zitate, die das illustrieren:
„Das TransferCoaching hat mich durch seine Elemente (Monitor, Willenstest) zeitweise genervt, es erinnerte mich an den gehobenen Zeigefinger meines Grundschullehrers. Aber es hat wirklich geholfen“.
„Die Transferaufgaben schwebten während der Transferphase wie ein Damoklesschwert über mir. Dies wirkte sich als permanente Erinnerung aus mich an meinen Lernplan zu halten“.
Im Rahmen der Untersuchung zeichnete sich der Trend ab, dass mit höherer Hierarchie-Ebene die TC-Instrumente eher weniger genutzt und als weniger hilfreich eingeschätzt wurden. Es scheint, als ob Führungskräfte die mit dem TransferCoaching implizit und explizit verbundene Botschaft als Beeinträchtigung ihrer Kompetenz wahrnahmen. Im Begleitungsprozess wurden wir mit Zitaten folgender Form mehrmals konfrontiert: “Bräuchte ich eine Transferbegleitung, wäre ich dann heute an der Stelle an der ich mich befinde?“
Dagegen wurde die Transferunterstützung bei Personen ohne Leitungsfunktion durchweg als sehr positiv eingeschätzt (siehe hierzu Abbildung 3: Nutzeneinschätzung der Transfercoaching Instrumente).
7.1.4.3 Bedingungsfaktoren der Implementation [TOP]
In diesem Abschnitt werden diejenigen Bedingungsfaktoren herausgearbeitet, die – gestützt durch die empirische Überprüfung – den Transferprozess beeinflusst haben. Damit soll ein Diskurs über die erziehungswissenschaftlichen Potentiale des Verfahrens TransferCoaching in Gang gebracht werden. Wir stellen dazu unsere wesentlichen Erfahrungen im Folgenden thesenhaft dar.
Unserer Meinung nach sollte die Zuständigkeit für die Transferbegleitung nicht beim Trainer liegen, sondern auf Seiten von internen oder externen TransferCoachs. Diese arbeiten nicht inhaltlich mit den Lernenden an den Transferzielen, sondern begleiten sie im Sinne eines Coachings auf der Metaebene. Sie geben Rat und Reflektionsraum, wenn der Transfer einmal „klemmt“. Sie ermutigen den Lerner bei inhaltlichen Fragen den Trainer zu kontaktieren. Unsere Erfahrung aus dem Projekt ist, dass es wenig inhaltliche Fragen im TransferCoaching gibt, dies liegt an den heute standardmäßigen sehr hochwertigen und didaktisch gut aufbereiteten Seminarunterlagen. Widerstände entstehen durch Interessenskonflikte eher auf Seiten der eigentlichen Transferarbeit durch das Tagesgeschäft der Teilnehmenden. Gibt es im Rahmen einer Veranstaltung während der Transferphase sehr viele inhaltliche Fragen, dann ist etwas im Rahmen der Lernveranstaltung nicht optimal gelaufen und damit eher ein Plädoyer für einen Follow-Up-Tag.
Auch die Einführung in die Transferbegleitung ist nach unseren Erfahrungen nachhaltiger, wenn dies der TransferCoach und nicht der Trainer macht. Hierdurch wird der TransferCoach schon im Rahmen der Veranstaltung den Lernern persönlich bekannt gemacht. Erste Bindungen zur Person können aufgebaut werden, die Teilnehmenden wissen, mit wem sie ihre Transferproblematiken besprechen werden. Neben der Erläuterung des Transferverfahrens muss im Rahmen der Einführung der individuelle Lernzieldefinition viel Raum gegeben werden. Wir haben im Rahmen der Untersuchung mit der Methode SMART (Latham & Locke, 2006) gearbeitet. Die Teilnehmenden zeigten daher einen hohen Grad an Handlungssicherheit in der Transferphase. Diese Handlungssicherheit wirkte sich statistisch gesehen wiederum stark auf die erlebte Transfermotivation und die Zufriedenheit mit dem individuellen Lernfortschritten aus.
Willenstest
Der Willenstest bietet sich besonders vor längeren Weiterbildungsmaßnahmen an. Hier ist ein erhöhter Bedarf an Zeitmanagement und vorausschauendem Planen gegeben, was wiederum von einer entsprechend hoch ausgeprägten metakognitiven Kompetenz abhängig ist. Der Willenstest thematisiert diese Aspekte und analysiert die individuellen Ausprägungen. Die Person bekommt wertvolle Hinweise, um an eventuellen Schwachstellen zu arbeiten.
Transfertagebuch
Je genauer die Anleitung zur Nutzung des Transfertagebuchs in der Einführungsphase gemacht wird, desto effektiver ist die anschließende Anwendung des TransferCoachings durch die Teilnehmer. Dies betrifft insbesondere die Arbeit am eigenen Transferziel. Es ist nicht unüblich, dass Teilnehmer ohne konkretes Ziel für die Anwendung bestimmter Inhalte in ihrem beruflichen Umfeld in die Veranstaltung gehen. Im Transfertagebuch soll dann an einem Transferziel gearbeitet werden, was zu Irritationen führen kann, wenn der Transfer-Coach im Vorfeld nicht darauf eingeht.
Transfertelefonat
Zunächst ist wichtig hervorzuheben, dass es Aufgabe des Teilnehmers ist, einen persönlichen Telefontermin zu vereinbaren. Das gesamte Verfahren TransferCoaching erfordert ein Commitment, um es auch effektiv nutzen zu können. Das Telefonat ist eng an das Tagebuch gekoppelt und reflektiert noch einmal die gemachten Erlebnisse während der Transferphase. Positiv hervorzuheben ist, dass sich aufgestaute Fragen oder Unklarheiten rasch aufklären lassen. Ein paar wenige Sätze genügen hier oft. Insbesondere bei der Formulierung eines Transferziels konnte dies beobachtet werden. In diesen Fällen ging der Transfer-Coach mit den Teilnehmern ihre Ziele durch und stellt sicher, dass sie entsprechend der SMART-Kriterien (Latham & Locke, 2006) gebildet wurden. Dieses Kriterium erwies sich als sehr wichtig für einen gut geplanten Transferprozess. Darüberhinaus wurden die Teilnehmer in den Gesprächen aufgefordert, (Fach-)Fragen zu sammeln, um diese am Follow-up Tag mit dem Trainer besprechen zu können.
7.1.5 Zusammenfassung und Ausblick [TOP]
Das Thema Transfer und Transferbegleitung ist ein Dauerbrenner der pädagogischen Disziplinen. Werden Lerner in ihrer Transferphase nicht begleitet, sind die Lerneffekte oft sehr gering (Lemke, 1995; Schmidt, 2001; Wahl, 1991).
Durch die Integration volitionaler Aspekte wird eine neue Dimension zur Erklärung von Problembereichen wie der Transferlücke eingeführt. Es wurde argumentiert, dass solche Phänomene eine hohe strukturelle Äquivalenz haben mit Situationen aus der Gesundheitspsychologie (z.B. Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen nach Herzinfarkt). Dort zeigten volitionale Interventionen überzeugende Wirkung, z.B. verhielten sich Personen, die an einem volitionalen Training teilnahmen, im Anschluss daran gesünder als Personen ohne Training. Inwieweit solche Effekte auch in der betrieblichen Weiterbildung anzutreffen sind, war Gegenstand der hier vorgestellten Untersuchung. Dazu wurde eine systematische Transferunterstützung entwickelt und in mehreren Weiterbildungsveranstaltungen mit insgesamt 147 Teilnehmern empirisch überprüft.
Dieses Verfahren ist auf verschiedenen Methoden aufgebaut, die jeweils ganz spezifische Schaltstellen im Transferprozess in den Blick nehmen und sich dadurch gegenseitig ergänzen. Mit dem vor der eigentlichen Transferphase eingesetzten Willenstest haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich ihrer eigenen Ressourcen und Potentiale bewusst zu werden. Die im Anschluss daran generierten Strategievorschläge sind mit einer großen Stichprobe abgeglichen und theoretisch fundiert. Inhaltlich richten sich die Strategien auf zentrale Herausforderungen des Transfers, wie die Regulation von Motivation und Emotion angesichts von Rückschlägen.
Die im Transferprozess gemachten Erfahrungen werden in einem Transfertagebuch vertiefend reflektiert. Bezug genommen wird dabei besonders auf diejenigen volitionalen Variablen, die einen reibungslosen Ablauf von Handlungsschritten unterstützen, wie die Fähigkeit, die Handlung sorgfältig und strukturiert zu planen. Die Teilnahme ist nicht verpflichtend und hängt sicherlich von persönlichen Faktoren ab, die in dieser Untersuchung nicht erfasst werden konnten. Deutlich wurde aber, dass wenn die Person das Tagebuch nutzte, dies zu höherer Transfermotivation führte. Die Beschäftigung mit dem Transfertagebuch unterstützte damit direkt den Transferprozess.
Den dritten Baustein bildet das Coaching-Gespräch, wobei die Teilnehmer einen direkten Ansprechpartner für Fragen rund um das Thema Transfer bekommen. Der Transfer-Coach greift auf die SMART-Kriterien zurück und stellt dadurch sicher, dass zugkräftige Transferziele formuliert werden. In der Studie ergab sich, dass durch die verbindliche Terminvereinbarung das Commitment der Teilnehmenden gefördert werden konnte. Verstärkt wurde dadurch auch die Erkenntnis, dass erfolgreicher Transfer in die persönliche Verantwortung fällt. Innerhalb der angesetzten Zeit (durchschnittlich 15 Minuten) konnte der Transfer-Coach wichtige Fragen beantworten und Irritationen kurzfristig ausräumen. Der Nutzen wurde mehrheitlich hoch eingeschätzt. Die besondere Wirkung der Transferunterstützung brachte ein Teilnehmer sehr anschaulich zum Ausdruck: „Es nervt auf positive Weise“.
Neben der Überprüfung der Akzeptanz zielte die praktische Erprobung ab auf die bisher eher uneinheitliche Befundlage zur Rolle der Transfermotivation. Hierzu wurden Tagebücher eingesetzt, um Einflussfaktoren identifizieren zu können. Die Zufriedenheit mit dem bisherigen Transferprozess sowie die Handlungssicherheit erwiesen sich als erklärungsstärkste Prädiktoren. Dies eröffnet eine gezielte Förderung, wie sie im hier vorgestellten Verfahren durchgeführt wurde. Erst dadurch, dass der Transfer-Coach mit den Teilnehmern SMARTe Ziele formulierte, konnte Handlungssicherheit gewonnen werden, was wiederum zu Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten führte.
Es ist aber auch zu bedenken, dass die in der vorliegenden Studie ermittelten Effekte der Transferunterstützung keine direkten Rückschlüsse auf die Transferleistung im Arbeitsumfeld erlauben. Die Frage, ob sich erhöhte Transfermotivation auch in erhöhtem Leistungshandeln niederschlägt, kann derzeit nur mit Verweis auf in anderen Studien ermittelte Effekte beantwortet werden (vgl. zusammenfassend Gegenfurtner u. a., 2009). Erforderlich erscheinen daher Studien, welche die tatsächlich realisierten Transferleistungen in den Blick nehmen. Zu diesem Zweck ist bereits eine Anschlusserhebung angelaufen, bei der eine Nacherhebung zum Lerntransfer im Anwendungsfeld durchgeführt wird.
Insgesamt konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, den Transferprozess systematisch und theoretisch fundiert zu begleiten. Zentrale Einflussfaktoren der Transfermotivation können dadurch gestärkt werden. Der Aufwand ist durch das Blended-Learning-Design für den Transfercoach ohne besondere Einarbeitung machbar. Durch die aktuell laufende Entwicklung eines integrierten online-gestützten Instrumentariums „TransferCoaching“ lässt sich das weiter optimieren.
Wir fühlen uns durch die Ergebnisse der Untersuchung, die Rückmeldungen der Teilnehmenden und durch das Interesse am Themen auf Seiten unserer Kollegen bestärkt, uns weiter mit dem Thema volitionales TransferCoaching zu beschäftigen.
7.2 Tips zur Einführung von TransferCoaching bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen [TOP]
Die Motivation zum Transfer lässt sich erhöhen wenn:
1. die Veränderungsziele klar und individuell entwickelt und nicht vorgegeben sind.
2. die Lern- und Veränderungsfortschritte kontinuierlich und systematisch reflektiert werden.
3. der Lerner auf Transfercoaching (Begleitung im Prozess) als Angebot zurückgreifen kann
Diese Empfehlungen sind Ergebnisse einer Studie1, bei der 284 Mitarbeiter im Transferprozess mit dem oben beschriebenen Transfercoaching begleitet wurden.
Empfehlung 1: Verändere nur das, was du verändern kannst!
„Wir werden jetzt innovativer“, „Wir arbeiten jetzt sicherer.“, „Kundenfreundlichkeit wird ab jetzt bei uns groß geschrieben“. Oder „Wir müssen noch effizienter werden.“ sind typische Veränderungsziele, die bestimmt gesetzt werden. Die Mitarbeiter tun alles für ihr Unternehmen und würden gerne liefern. Und mal eben innovativer, sicherer, noch kundenfreundlicher oder effizienter zu werden scheint machbar, auch da der Chef das auf der Hauptversammlung ins Publikum posaunt, sind alle Feuer und Flamme. Aber was sind eigentlich Innovation, Sicherheit, Kundenorientierung oder Effizienz für Mitarbeiter, die schon sehr viel leisten? Ja, sie werden gefordert, aber wie sieht es im Vergleich zu gestern aus? Wenn nicht klar ist, wie der persönliche Beitrag zur Veränderung aussieht, wird der Appell nur kurzfristig für Euphorie sorgen. Für Mitarbeiter ist alles, was als Veränderungsarbeit auf sie herunter gebrochen wird, zusätzliche Arbeit. Mit leeren Worthülsen und vagen Zukunftsbildern Mitarbeiter in Veränderungsprozesse zu schicken, in denen sie nicht klar ihren persönlichen Beitrag leisten können, ist nach unserer Erfahrung nicht nur unproduktiv, sondern bewirkt einen direkten Vertrauensverlust der Belegschaft in das Unternehmen.
Veränderungsziele top-down vorzugeben ist das gute Recht eines jeden Managements. Aber es ist auch wichtig, Mitarbeiter ihren persönlichen Beitrag identifizieren zu lassen, damit Erfolg messbar und steuerbar wird. Dieser Sprung vom Managementziel zum individuellen Ziel ist nicht immer einfach und bedarf ausgeprägter Moderations- und Planungskompetenzen. Im Unterschied zur Planungskompetenz, ergeben unsere Beobachtungen, dass Moderation in deutschen Unternehmen oftmals eher einer Vereinssitzung gleicht. Es werden Tagesordungspunkte abgearbeitet, ab und an gibt es Diskussionen, aber es geht kaum um individuelle, erreichbare, transparente und reizvolle Ziele.
Empfehlung 2: Vermeide blinden Aktionismus!
Bei der Begleitung von Menschen in Lernprozessen gilt es unserer Erfahrung nach den Veränderungsprozess so transparent wie möglich zu gestalten. Mitarbeiter mit vollendeten Tatsachen zu konfrontieren ist der Garant für Misserfolg. Karsten Müller (Professor am Institut für Psychologie der Universität Osnabrück) fasste das einmal sehr prägnant zusammen, als er sagte: „Veränderungsprozesse sind wie eine gezogene Handgranate, sie kann nach vorne oder nach hinten losgehen.“ Veränderung funktioniert besonders dann, wenn die Fähigkeit, kontinuierlich an Zielen zu arbeiten, geübt wird. Veränderungsprojekte dürfen deshalb keinen aktionistischen Charakter haben. Häufig zu beobachten ist jedoch, dass neue Veränderungsprozesse eingeführt werden, bevor laufende Projekte, die eine ähnliche Zielrichtung hatten, abgeschlossen wurden. Der Erfolg oder Misserfolg solcher Projekte ist dann nicht mehr greifbar und es kann aus dem Prozess nicht gelernt werden. Das passiert dann, wenn in Unternehmen Veränderung durch Macht (Geschäftsführung) und nicht durch Wissen (zum Beispiel eine kontinuierliche Bildungsbedarfsanalyse als Ergebnis des Kompetenzmanagements) initialisiert werden. Wenn an individuellen Kompetenzen angesetzt wird, hat das den Vorteil, dass nicht der „ganze Laden“ aufgeschreckt wird, sondern die wahren „Leiden“ der Mitarbeiter zum Gegenstand der Veränderungsarbeit wird.
Empfehlung 3: Gib Begleitungsangebote und setze sie nicht!
Ähnliches gilt für die Form und die Art der Unterstützungsangebote im Veränderungsprozess. Wir machen die Erfahrung, dass bei Auszubildenden Transferbegleitung bei Lernvorhaben eine hohe Akzeptanz erfährt, da sie oftmals noch unsicher sind. Je höher es die Hierarchietreppe nach oben geht, desto geringer ist die Akzeptanz begleitet zu werden. Wenn dann die Personalentwicklung ein Führungskräfteprogramm auflegt und es mit den Worten präsentiert: „Ihr braucht Unterstützung bei eurer Entwicklungsarbeit“ und dazu auch gleich die Wunderwaffe Transfercoaching dabei hat, impliziert das in unserem Kulturkreis, dass der Mitarbeiter etwas nicht kann, also schwach ist. Denn wäre ich heute hier, wo ich bin, wenn ich Unterstützung bräuchte, meine Ziele zu erreichen?
Wenn erfolgreiche Veränderungsprozesse mit individueller Begleitung durchgeführt werden, dann sollten die Mitarbeiter schon bei der Entscheidung über die Maßnahme eingebunden sein und die Zügel in der Hand haben, was gemacht wird und was nicht. Die Veränderungsziele sollten individuellen Charakter haben und von den Mitarbeitern entwickelt sein. Auch ein persönliches Transfercoaching sollte jedem Mitarbeiter möglich sein.
Conclusio – die letzte Empfehlung – Veränderungskompetenz entwickeln!
Die Motivation von Mitarbeitern in Veränderungsprozessen kann unterstützt werden durch klare, transparente und personalisierte Ziele, die nicht vorgegeben, sondern individuell entwickelt und als notwendig erachtet werden. Systematische und fortwährende Reflexion des Zielerreichungsgrades machen zielgerichtete Veränderung möglich.
Die kontinuierliche Diskussion und der Austausch im Dialog zum Thema Willensstrategien und Transfer stärkt die Motivation der Beteiligten. Alle Lernen von Allen.
8. Literatur [TOP]
9. Anhang [TOP]
10. Die Autoren [TOP]
Dr. Markus Deimann:
Dr. Markus Deimann, M.A. ist Akademischer Rat und arbeitet seit Mai 2006 an der FernUniversität in Hagen. Er studierte Erziehungswissenschaft und Politikwissenschaft an der Universität Mannheim und promovierte 2007 an der Universität Erfurt. Seine Forschungsschwerpunkte sind Open Education, Bildungsphilosophie und Motivation.
Mehr unter: http://markusmind.wordpress.com
Benjamin Weber, M.A.:
Ist Erziehungswissenschaftler und gründete 2001 die Beratungsgesellschaft BildungsWert. Als Autor schreibt er zu den Themen Evaluation betrieblicher Weiterbildungsmaßnahmen, Kompetenzmanagement und Transfercoaching. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen die Begleitung in Veränderungsprozessen und den Aufbau und die Einführung von Personalentwicklungsinstrumenten.